Ist der US-EU Datentransfer doch ungültig?

Datenverkehr zwischen der EU und USA

Am 10. Juli 2023 hat die Europäische Kommission einen weiteren bedeutsamen Schritt im Bereich des Datenschutzes unternommen. Durch die Einführung eines Durchführungsrechtsaktes gemäß Art. 45 Abs. 3 DSGVO  wurde ein neuer Angemessenheitsbeschluss für Datentransfers in die USA (Nachfolger des US Privacy Shields und das dritte Mal, dass hierüber entschieden wird) erlassen. Dieser Beschluss ist von großer Relevanz, da er die Datenschutzanforderungen für die Übermittlung personenbezogener Daten aus der EU/EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) in Drittländer regelt.

Der Zweck des Angemessenheits-beschlusses

Der Angemessenheitsbeschluss dient als Instrument, um ein angemessenes Datenschutzniveau für den Datentransfer in Drittländer sicherzustellen. In diesem Fall bezieht sich der Beschluss speziell auf die Übermittlung personenbezogener Daten in die USA. Dieser Schritt erfolgt unter Berufung auf das neu etablierte „EU-U.S. Data Privacy Framework“, das eine Grundlage für den Datentransfer in die USA darstellt. Das Framework hat das Potenzial, Datentransfers zu erleichtern, indem es Unternehmen ermöglicht, personenbezogene Daten in die USA zu übertragen, ohne zusätzliche Schutzvorkehrungen oder Genehmigungen einholen zu müssen.

Einschränkungen des Angemessenheit-sbeschlusses

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieser neue Angemessenheitsbeschluss nicht universell für alle Datenempfänger in den USA gilt. Er erstreckt sich ausschließlich auf Unternehmen, die gemäß des EU-U.S. Data Privacy Frameworks“ zertifiziert sind. Das U.S. Handelsministerium, auch bekannt als „U.S. Department of Commerce“, hat eine Liste der zertifizierten Unternehmen veröffentlicht, die unter folgendem Link eingesehen werden kann:

Hier klicken, um in die Zertifizierungsliste einzusehen

Empfehlungen und Handlungs-empfehlungen

Für Unternehmen, die Datentransfers in die USA durchführen, ergeben sich wichtige Handlungsanweisungen aus diesem neuen Angemessenheitsbeschluss:

1. Überprüfung der Zertifizierung

Bevor Sie personenbezogene Daten in die USA übermitteln, sollten Sie sicherstellen, dass der beabsichtigte Datenempfänger auf der Liste der zertifizierten Firmen gemäß dem „EU-U.S. Data Privacy Framework“ steht.

2. Kritische Prüfung und Alternative

Eine Zertifizierung ist kein leicht zu erreichender Status. Daher sollten Sie nicht davon ausgehen, dass jede US-Firma automatisch zertifiziert ist. Sollte der Datenempfänger nicht auf der Zertifizierungsliste stehen, sind konkrete Überprüfungen und zusätzliche Maßnahmen erforderlich. Sie könnten sich für die Vereinbarung von geeigneten Standarddatenschutzklauseln entscheiden, die einen „Transfer Impact Assessment“ (TIA) beinhalten. Eine weitere Option wäre der Wechsel zu einem in der EU ansässigen Datenempfänger.

 

Beschränkungen und Garantien in Bezug auf den Zugang der US-Nachrichtendienste zu den Daten

Der Datenschutzrahmen EU-USA legt besondere Beschränkungen und Garantien fest, um den Zugang der US-Nachrichtendienste zu den übermittelten Daten zu regeln. Diese Beschränkungen zielen darauf ab, die Daten vor unverhältnismäßiger Überwachung und Missbrauch durch nationale Sicherheitsbehörden zu schützen. Zu den zentralen Elementen gehören:

Verbindliche Garantien: Der Zugang der US-Nachrichtendienste zu den Daten ist auf das erforderliche und verhältnismäßige Maß beschränkt. Dies bedeutet, dass der Zugang zu personenbezogenen Daten strengen und klaren Vorgaben unterliegt, um die Privatsphäre und Grundrechte der betroffenen Personen zu wahren.

Verstärkte Aufsicht: Die Tätigkeiten der US-Nachrichtendienste unterliegen einer verstärkten Aufsicht, um sicherzustellen, dass die festgelegten Beschränkungen eingehalten werden. Dies stellt sicher, dass Überwachungsmaßnahmen nur im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen durchgeführt werden.

Unabhängiges Rechtsbehelfsverfahren: Ein neues, zweistufiges Rechtsbehelfsverfahren wurde etabliert, um Beschwerden von Einzelpersonen, deren Daten in die USA übermittelt wurden, zu bearbeiten. Dieses Verfahren beinhaltet ein unabhängiges Gericht zur Datenschutzüberprüfung, das befugt ist, verbindliche Beschlüsse über Abhilfemaßnahmen zu fassen, falls Verstöße festgestellt werden.

Das neue Rechtsbehelfsverfahren im Bereich der nationalen Sicherheit

Das eingeführte Rechtsbehelfsverfahren bietet Einzelpersonen, deren Daten in die USA übermittelt wurden, eine Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer Datenschutzrechte in Bezug auf den Zugang der US-Nachrichtendienste zu diesen Daten. Hier sind die wichtigsten Schritte und Merkmale dieses Verfahrens:

Beschwerde bei der nationalen Datenschutzbehörde: Einzelpersonen können eine Beschwerde bei ihrer nationalen Datenschutzbehörde einreichen, ohne nachweisen zu müssen, dass ihre Daten tatsächlich von US-Nachrichtendiensten erhoben wurden. Die Beschwerde wird in ihrer eigenen Sprache bearbeitet und an den Europäischen Datenschutzausschuss weitergeleitet.

Prüfung durch den Civil Liberties Protection Officer: Die Beschwerden werden vom Bürgerrechtsbeauftragten der US-Nachrichtendienste, dem Civil Liberties Protection Officer, geprüft. Dieser ist dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass die US-Nachrichtendienste die Privatsphäre und Grundrechte respektieren.

Rechtsbehelf vor dem Gericht zur Datenschutzüberprüfung: Einzelpersonen haben das Recht, die Entscheidung des Bürgerrechtsbeauftragten vor dem neu eingerichteten Gericht zur Datenschutzüberprüfung anzufechten. Dieses Gericht besteht aus unabhängigen Personen, die verbindliche Beschlüsse über Abhilfemaßnahmen fassen können.

Die Entwicklung wird sich noch zeigen

Der Datenschutzrahmen EU-USA stellt eine wichtige Entwicklung dar, um den Datentransfer zwischen der EU und den USA unter Berücksichtigung der Datenschutzanforderungen zu regeln. Durch die Einführung von verbindlichen Garantien, verstärkter Aufsicht und einem neuen Rechtsbehelfsverfahren wird versucht, den Schutz der Privatsphäre und Grundrechte der Einzelpersonen zu gewährleisten. Unternehmen und Einzelpersonen sollten sich dieser Mechanismen bewusst sein und ihre Datenschutzpraktiken entsprechend anpassen, um von den neuen Regelungen zu profitieren und rechtskonform zu handeln. Die transatlantischen Datentransfers bleiben ein dynamisches Thema, und die weitere Entwicklung wird zeigen, wie effektiv dieser Rahmen zur Sicherung der Datenschutzrechte der betroffenen Personen beiträgt.

Vorsicht vor Parallelen zum EU-US Privacy Shield

Es ist von entscheidender Bedeutung, die Geschichte und Entwicklung früherer Abkommen bezüglich Datentransfers in die USA zu berücksichtigen. Frühere Vereinbarungen wurden aufgrund grundlegender Mängel vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt. 

Ein Beispiel hierfür ist das Urteil im Fall Max Schrems und EU-US Privacy Shield.

Ausblick und Herausforderungen

Angesichts der bemerkenswerten Ähnlichkeit des „neuen“ Angemessenheitsbeschlusses mit dem EU-US Privacy Shield ist es nicht auszuschließen, dass ähnliche rechtliche Bedenken aufkommen könnten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen, die personenbezogene Daten in die USA übermitteln, weiterhin mit Umsicht zu agieren und umfassende Überprüfungen durchzuführen.

Die Reise geht weiter

Die Einführung des neuen Angemessenheitsbeschlusses für Datentransfers in die USA markiert einen Meilenstein im transatlantischen Datenverkehr. Dennoch bleibt die Situation komplex und herausfordernd. Die Sicherung eines reibungslosen und rechtskonformen Datentransfers erfordert nach wie vor gründliche Überlegungen, sorgfältige Prüfungen und eine stetige Anpassung an sich verändernde rechtliche Rahmenbedingungen. In einer Ära, in der Datenschutz und Datensicherheit zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist die sorgfältige Handhabung von Datentransfers von entscheidender Bedeutung, um das Vertrauen der Nutzer zu bewahren und die Integrität von Unternehmensdaten zu schützen. Die Einführung des neuen Angemessenheitsbeschlusses für Datentransfers in die USA bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich, die Unternehmen berücksichtigen sollten.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Einführung des neuen Angemessenheitsbeschlusses für Datentransfers in die USA markiert einen Schritt in Richtung eines transparenteren und rechtlich fundierten Datentransfers. Unternehmen sollten jedoch vorsichtig sein und sich der potenziellen Herausforderungen bewusst sein, die mit dieser Entwicklung einhergehen. Eine sorgfältige Überprüfung der Zertifizierungsliste, die Umsetzung zusätzlicher Schutzmaßnahmen und die kontinuierliche Überwachung sind unerlässlich, um einen reibungslosen und rechtskonformen Datentransfer sicherzustellen.

Die transatlantischen Datentransfers sind und bleiben ein komplexes Thema, das von Unternehmen eine stetige Aufmerksamkeit erfordert. Durch eine proaktive Herangehensweise und die Einhaltung bewährter Datenschutzpraktiken können Unternehmen jedoch das Vertrauen ihrer Kunden wahren und gleichzeitig die Integrität der übermittelten Daten schützen. In einer Zeit, in der der Schutz personenbezogener Daten einen immer höheren Stellenwert einnimmt, ist die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des Datentransfers von entscheidender Bedeutung für den langfristigen Erfolg und die ethische Integrität eines Unternehmens.

Handlungsempfehlungen, um den Datentransfer reibungslos und rechtskonform zu gestalten:

1. Kontinuierliche Überprüfung der Zertifizierungsliste

Da der Angemessenheitsbeschluss nur für zertifizierte Unternehmen gemäß dem „EU-U.S. Data Privacy Framework“ gilt, ist es von entscheidender Bedeutung, die Liste der zertifizierten Firmen regelmäßig zu überprüfen. Diese Liste kann sich im Laufe der Zeit ändern, und Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Datenempfänger nach wie vor den Anforderungen entsprechen.

2. Datenminimierung und Zweckbindung

Unternehmen sollten sicherstellen, dass nur die für den beabsichtigten Zweck erforderlichen personenbezogenen Daten übertragen werden. Eine sorgfältige Prüfung der Datenflüsse und der genutzten Datenkategorien kann dazu beitragen, den Umfang des Datentransfers zu reduzieren und die Einhaltung der Prinzipien der Datensparsamkeit und Zweckbindung zu gewährleisten.

3. Einbindung des DSB

Der DSB – Datenschutzbeauftragte spielt eine wichtige Rolle bei der Überwachung und Beratung in Bezug auf Datenschutz-Compliance. Unternehmen sollten den Datenschutzbeauftragten in den Prozess des Datentransfers einbinden und von seiner Fachkenntnis profitieren, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Schritte unternommen werden, um den Datenschutz zu gewährleisten.

4. Umsetzung von zusätzlichen Schutzmaßnahmen

Wenn der beabsichtigte Datenempfänger nicht auf der Zertifizierungsliste steht, sollten Unternehmen zusätzliche Schutzmaßnahmen in Betracht ziehen. Die Vereinbarung von geeigneten Standarddatenschutzklauseln (Standard Contractual Clauses, SCCs) kann dazu beitragen, den Datentransfer abzusichern. Auch die Durchführung eines „Transfer Impact Assessments“ (TIA), einer Risikobewertung des Datentransfers, kann eine wichtige Ergänzung sein.

5. Monitoring und Anpassung:

Die Einhaltung des Angemessenheitsbeschlusses und die Sicherheit des Datentransfers sollten regelmäßig überwacht und bewertet werden. Bei Änderungen in der Zertifizierungsliste oder rechtlichen Rahmenbedingungen sollten Unternehmen flexibel genug sein, um ihre Maßnahmen entsprechend anzupassen.

6. Kontinuierliche Sensibilisierung der Mitarbeiter

Mitarbeiter sollten in Datenschutzangelegenheiten geschult und sensibilisiert werden, insbesondere wenn sie in den Datentransfer involviert sind. Das Bewusstsein für Datenschutzprinzipien und -verfahren kann dazu beitragen, Fehler zu minimieren und den Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten.

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