1. Einleitung
Stadtfeste, Sportveranstaltungen oder Straßenumzüge ziehen regelmäßig viele Besucherinnen und Besucher an. Sie sind beliebte Gelegenheiten für Veranstalter, Pressevertreter oder Privatpersonen, Fotos und Videos zu erstellen. Doch immer wieder stellt sich die Frage: Wann sind solche Aufnahmen zulässig, wann ist eine Einwilligung erforderlich und reicht es aus, Hinweisschilder aufzustellen?
Die Rechtslage ist komplex, da sowohl die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als auch das deutsche Kunsturhebergesetz (KUG) Anwendung finden. Zusätzlich sind bei Kindern besondere Schutzvorschriften zu beachten.
2. Rechtlicher Rahmen
2.1 DSGVO
Die DSGVO ist seit dem 25. Mai 2018 unmittelbar anwendbar und gilt für jede Verarbeitung personenbezogener Daten. Bereits ein Foto einer erkennbaren Person ist ein personenbezogenes Datum.
Art. 6 Abs. 1 DSGVO verlangt für jede Verarbeitung eine Rechtsgrundlage. Möglich sind etwa eine Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO), die Erfüllung eines Vertrags oder ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).
Art. 8 DSGVO regelt die Einwilligungsfähigkeit von Kindern. In Deutschland gilt nach § 12 Abs. 1 TMG a. F. und der fortgeführten Umsetzung die Altersgrenze von 16 Jahren. Kinder unter 16 Jahren können daher nicht selbst wirksam einwilligen; erforderlich ist die Zustimmung der Eltern.
2.2 Kunsturhebergesetz (KUG)
Das KUG, insbesondere §§ 22 und 23 KUG, bleibt neben der DSGVO anwendbar, soweit es um die Veröffentlichung von Fotos geht.
Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Eine Ausnahme enthält § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG für Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen. Dazu zählen auch Volksfeste, Konzerte oder Sportveranstaltungen. Einzelne Personen dürfen jedoch nicht im Vordergrund stehen, sondern müssen Teil der Gesamtveranstaltung sein.
Wichtig: Nach § 23 Abs. 2 KUG dürfen auch diese Ausnahmen nicht greifen, wenn ein „berechtigtes Interesse des Abgebildeten“ verletzt wird, etwa durch eine herabwürdigende Darstellung.
Damit gilt: DSGVO und KUG sind parallel zu beachten.
3. Hinweisschilder als allgemeine Information
Viele Veranstalter nutzen Hinweisschilder mit Hinweisen wie: „Während der Veranstaltung werden Foto- und Filmaufnahmen gemacht, die zu Dokumentations- und Öffentlichkeitszwecken veröffentlicht werden können.“
Solche Hinweise sind wichtig, um die Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO zu erfüllen. Sie schaffen Transparenz und ermöglichen es den Besucherinnen und Besuchern, sich bewusst auf das Risiko einer Abbildung einzustellen.
Sie ersetzen jedoch keine individuelle Einwilligung. Die Schilder können lediglich dazu beitragen, Übersichtsaufnahmen abzusichern, bei denen keine einzelne Person im Fokus steht. Sobald eine Person gezielt fotografiert oder gefilmt wird, ist eine individuelle Einwilligung erforderlich.
4. Unterschied zwischen Übersichtsaufnahmen und Einzelaufnahmen
Die Unterscheidung ist zentral:
Übersichtsaufnahmen: Wenn eine große Menschenmenge gezeigt wird, Personen nur als Beiwerk erscheinen und nicht identifizierend hervorgehoben werden, sind Aufnahmen in der Regel zulässig. Grundlage sind Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (berechtigtes Interesse) und § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG.
Einzel- oder Nahaufnahmen: Wenn eine Person oder eine kleine Gruppe erkennbar im Vordergrund steht, ist eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich. Eine Veröffentlichung ohne Zustimmung verstößt sowohl gegen Art. 6 DSGVO als auch gegen § 22 KUG.
Beispiel: Eine Luftaufnahme vom Stadtfest mit hunderten Besuchern ist zulässig. Ein Portrait einer einzelnen Besucherin am Getränkestand ohne Einwilligung ist unzulässig.
5. Besondere Situation von Kindern
Kinder genießen einen besonders hohen Schutz.
Dies ergibt sich aus:
Art. 8 DSGVO: Kinder unter 16 Jahren können nicht selbst einwilligen.
§ 22 KUG: Auch hier ist die Einwilligung der Eltern erforderlich.
Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 2 GG: Kinderrechte und das Elternrecht verstärken diesen Schutz.
Zulässig ist, dass Kinder zufällig im Hintergrund einer Menschenmenge erscheinen, ohne hervorgehoben zu sein. Unzulässig sind Portraits, Nahaufnahmen oder Interviews, bei denen Kinder klar identifizierbar dargestellt werden, ohne dass die Eltern ausdrücklich zugestimmt haben.
Gerade bei Kinder- und Familienfesten sind Veranstalter daher in einer erhöhten Verantwortung.
6. Praxisempfehlungen für Veranstalter
Für die rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich:
Aufstellung gut sichtbarer Hinweisschilder an allen Eingängen mit Hinweis auf Foto- und Filmaufnahmen und Verweis auf eine ausführliche Datenschutzerklärung.
Ergänzung der Hinweise um QR-Codes oder Links, damit Besucher die Datenschutzinformationen leicht abrufen können.
Einsatz von Fotografen und Videoteams, die geschult sind und klare Anweisungen haben, keine gezielten Kinderaufnahmen ohne Einwilligung der Eltern zu machen.
Einholung schriftlicher Einwilligungen für Einzel- und Nahaufnahmen, insbesondere bei Kindern. Hierfür können standardisierte Einwilligungsformulare genutzt werden.
Dokumentation der Einwilligungen, um die Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO zu erfüllen.
7. Bewertung und Schlussfolgerung
Die Rechtslage macht deutlich: Hinweisschilder allein reichen nicht aus, um Bildaufnahmen auf öffentlichen Festen umfassend zu legitimieren. Sie erfüllen die Informationspflichten und können Übersichtsaufnahmen absichern, ersetzen jedoch nicht die notwendige individuelle Einwilligung bei gezielten Aufnahmen von Personen.
Der Schutz von Kindern hat dabei eine besondere Bedeutung. Hier ist stets die Zustimmung der Eltern erforderlich. Verstöße können nicht nur aufsichtsrechtliche Maßnahmen nach Art. 58 Abs. 2 DSGVO, sondern auch Schadensersatzansprüche nach Art. 82 DSGVO nach sich ziehen.
Für Veranstalter bedeutet dies, dass organisatorische Vorkehrungen wie Hinweisschilder allein nicht genügen. Erforderlich ist eine durchdachte Kombination aus transparenter Information, klaren Anweisungen an Fotografen und gegebenenfalls der Einholung schriftlicher Einwilligungen. Nur so können Datenschutzverstöße vermieden und gleichzeitig die berechtigten Interessen der Öffentlichkeitsarbeit gewahrt werden.
Mustertext Hinweisschild zu Foto- und Filmaufnahmen
Während dieser Veranstaltung werden Foto- und Filmaufnahmen erstellt. Die Aufnahmen können zu Zwecken der Berichterstattung, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit (z. B. auf unserer Website, in sozialen Medien oder in Printmedien) genutzt werden.
Mit dem Betreten des Veranstaltungsgeländes nehmen Sie zur Kenntnis, dass solche Aufnahmen erstellt und veröffentlicht werden können.
Bei Aufnahmen, auf denen Sie im Vordergrund oder einzeln erkennbar abgebildet werden, holen wir zuvor Ihre ausdrückliche Einwilligung ein. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, bei denen die Einwilligung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten erforderlich ist.
Verantwortlicher im Sinne der DSGVO: [Name des Veranstalters, Adresse, Kontakt]
Datenschutzbeauftragter: [Name, E-Mail-Adresse, Telefon]
Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung unter: [QR-Code / Webadresse].